Ilka Meyer

Bereits zu Studienzeiten galt Ilka Meyers Interesse Blumen und Pflanzen. Damals malte sie, fasziniert von den Strukturen, der Organisation und der Entfaltungsfreiheit der Pflanzenwelt. Inzwischen haben raumspezifische Installationen und skulpturale Environments, die manchmal nur als Fotomontage existieren, die Staffelei ersetzt. Das Pflanzenreich und seine prozessuale Entwicklung hingegen bleibt die zentrale Inspirationsquelle und wird oft als direktes Ausdrucksmittel eingesetzt.

Der Titel ihrer Installation für die Biennale von Gwangju Transplant – Hängende Gärten ruft die Vorstellung üppiger orientalischer Gärten hervor. Nicht prachtvolle Blumen und Blüten befinden sich in den gestapelten Transportsäcken, sondern wilde Vegetation, wie sie an den Rändern von Autobahnen wächst. Was Ilka Meyer fasziniert ist das wilde Wuchern, die Kraft mit der sich die Natur in ungewohnten Umgebungen entwickelt und sich den Raum aneignet. Transplant, das Verpflanzen, steht für den Umbau, für die Transplantation einer Kultur in eine andere. Wenn in ihrem Portfolio steht „Ein Garten ist das Abbild einer Weltvorstellung und die Bühne einer Idee“ wird der Garten zum Sinnbild für das Kultivieren unserer Gedanken und das Konstruieren einer neuen Weltordnung.

Es ist kein Zufall, dass die Naturstücke von Ilka Meyer in den Kontext von Ausstellungsräumen gestellt werden, wo sie sich als temporäre Monumente präsentieren. Ob in Gwangju beiläufig entlang einer Wand aufgestellt, wie am Straßenrand, oder ob als raumfüllende Installation angelegt, die dem Besucher den Raum versperrt wie im Kunstverein Wiesbaden, es handelt sich immer um die Gegenüberstellung eines freien Wachstumsprozesses mit einer rational organisierten Raum-Architektur. In Wiesbaden bekommt die Installation zudem eine lakonische Ebene, wenn das Pflanzenwerk von einer Aufsichtsperson bewacht wird. Als utopische Landschaft ist auch die Fotoserie Haushoch lesbar, in der sich übereinander gestapelte Strohballen als temporäre Baukörper in die Häuserreihen oder auch als skulpturale Elemente einordnen.

Bekanntlich gäbe es ohne Fehler im Code weder Veränderungs- noch Mutationsmöglichkeiten. Das gestalterische Potential des Fehlers macht sich Ilka Meyer in 1001 zu eigen, indem sie die schwarze Rückseite ihres Skizzenbuchs kopiert und vergrößert. Da reines Schwarz vom Kopierer missverstanden wird, entstehen weiße Fehlstellen. Der Zufall ihres Erscheinens gestaltet einen kosmischen Himmelskörper und generiert eine künstlerische und künstliche Natur.

Dr. Danièle Perrier

Künstlerhaus Schloß Balmoral, Geschäftsführung und künstlerische Leitung
www.perrier.at